Podiumsdiskussion „Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit“    [30.01.18]

Die Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions- und Wirkungsforschung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bot mit der hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion „Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit“ einen besonderen Höhepunkt.

 

Sie lockte am vergangenen Freitag nicht nur die Tagungsteilnehmer, sondern auch zahlreiche interessierte Studierende und Bürger ins Hohenheimer Schloss. Ob Fake News, alternative Medien oder Netzwerkdurchsetzungsgesetz - moderiert von Prof. Wolfgang Schweiger diskutierten Dr. Kristin Becker (SWR & tageschau faktenfinder), Ann-Cathrin Riedel (Up Digital Media), Dr. Wolfgang Kreißig (Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg) und Jörg Howe (Daimler AG) zahlreiche Aspekte des aktuell hochrelevanten Themas.

 

Schneller, unmittelbarer, diffuser - öffentliche Kommunikation im Wandel

Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit beschäftigt alle Diskutanten auf die ein oder andere Weise in ihrer täglichen Arbeit. Dementsprechend vielfältig fielen die Antworten auf die Frage danach aus, wie sich die öffentliche Kommunikation in den letzten 20 Jahren verändert hat. Sie sei einerseits schneller, unmittelbarer und transparenter. So sei der Kontakt zu verschiedenen Anspruchsgruppen viel leichter herzustellen und es ergäben sich neue Möglichkeiten der demokratischen Partizipation. Andererseits wird der öffentlichen Kommunikation bescheinigt, diffuser und unreflektierter zu sein. In der Organisationskommunikation erfordert das ein viel umfassenderes, permanentes Monitoring, um auf Falschmeldungen direkt reagieren zu können – laut Jörg Howe sollte das binnen 30 Minuten (!) geschehen. Dem Bürger erschwere es die Vielfalt an Akteuren, die sich im Social Web äußern, nachzuvollziehen: Woher stammen die Informationen eigentlich? Und wie verlässlich sind sie? Ohne die kontextuelle Einordnung durch Journalisten bräuchten Bürger viel größeres Hintergrundwissen und Medienkompetenz um „durchzublicken“, so Wolfgang Kreißig.

Fake News und Hate Speech eindämmen: Ja - Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Nein!

Algorithmenbasierte Plattformen wie Facebook oder Twitter stehen darüber hinaus in der Kritik, Filterblasen zu begünstigen sowie Fake News und Hate Speech zuzulassen. Zwar sei Dr. Kristin Becker zufolge in Deutschland, anders als in den USA, vor allem „gezielte, kleine Desinformation“ zu beobachten. Dennoch stimmen alle Diskutanten darin überein, dass Fake News und alternative Medien eine zunehmend wichtige Problematik sind. Dass man ihr mit Mitteln der Medienaufsicht beikommen kann, bezweifelt Jörg Howe. Und auch in der Landesanstalt für Kommunikation sucht man stattdessen lieber nach Wegen, Marken zu erhalten, die für Qualitätsjournalismus stehen. Ann-Cathrin Riedel wiederum sieht auch die Bürger in der Pflicht, die in der Netzöffentlichkeit viel stärker als Korrektiv fungieren sollten. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz lehnt sie entschieden ab: Es bedrohe die Meinungsfreiheit. Wolfgang Kreißig bemängelt vor allem die „handwerkliche Umsetzung“ des Gesetzes, relevante Akteure wie die Landesmedienanstalten hätten frühzeitiger einbezogen werden müssen. Etwas Positives ringt Dr. Kristin Becker dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz dann doch ab. Es sei gut, dass die Plattformen damit zum Beschwerdemanagement gezwungen werden.

Für die Zukunft gelte es, da sind sich alle Podiumsgäste einig, Meinungsvielfalt und verlässlichen Journalismus zu erhalten.

Key Facts

Die Podiumsdiskussion fand am 26. Januar 2018 im Rahmen der Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions‐ und Wirkungsforschung in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik‐ und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) und in Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt "Transformation der Kommunikation - Integration und Desintegration (TKID)" statt. Sie wurde unterstützt durch den Kommunikationsclub Baden-Württemberg

Diskutanten:

  • Dr. Kristin Becker, Redakteurin, SWR & tagesschau faktenfinder
  • Jörg Howe, Leiter Globale Kommunikation bei Daimler Communications, Stuttgart
  • Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg
  • Ann-Cathrin Riedel, Gründerin/Managing Director Up Digital Media – Digital Public Affairs & Public Relations, Berlin
  • Grußwort: Kurt A. Beck, Leiter des Kommunikationsclubs Baden-Württemberg und Geschäftsführer der Beck Medien- und Verlags-GmbH, Stuttgart
  • Moderation: Prof. Dr. Wolfgang Schweiger, Lehrstuhl für Onlinekommunikation, Universität Hohenheim


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